Festakt zum 25-jährigen Jubiläum des Landesverbandes der freien Berufe Thüringen
Die Konferenzräume am Weimarer Sitz der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen waren in stilvoller Clubatmosphäre hergerichtet: das 25. Jahr seines Bestehens wollte der Landesverband der Freien Berufe Thüringen am 30. September 2016 sozusagen “im Wohnzimmer”, aber keineswegs privat begehen. Immerhin gaben sich der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow als Schirmherr der Veranstaltung, der Präsident des Thüringer Landtags Christian Carius, der Europaabgeordnete Jakob von Weizsäcker und Dipl. Ing. Hans-Ullrich Kammeyer, Präsident der Bundesingenieurkammer und Mitglied des Präsidiums des BFB, vor zahlreichen Gästen die Ehre, ihre Sicht zur aktuellen Lage der Freien Berufe vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen in Europa zu reflektieren und darüber mit den zahlreichen Gästen im Auditorium ins Gespräch zu kommen.
Interessiert lauschten den Akteuren der von Carsten Rose, Radio F.R.E.I. Erfurt, unterhaltsam moderierten Veranstaltung die zahlreichen Gäste, zu denen nicht nur die Vertreter der Mitglieder des LFB selbst gehörten, sondern auch der IHK Thüringen, befreundeter Kammern und der Banken und Sparkassen. Über das Wiedersehen freuten sich auch ehemalige Mitarbeiter und alte Weggefährten des LFB Thüringen, die sich gern an gemeinsame schwierige und erfolgreiche Stunden erinnerten.
Nach der launigen Begrüßung durch den Präsidenten des LFB Thüringen, Dr. Wolf-Rüdiger Rudat, versicherte zunächst Ministerpräsident Bodo Ramelow (DIE LINKE) den Thüringer Freiberuflern die Unterstützung der Politik. Er appellierte zugleich an ihr Verantwortungsbewusstsein – Freiheit gehe immer einher mit Verantwortung, gerade auch für die Schwachen in der Gesellschaft. Mit dieser Verantwortung hätten Freiberufler auch ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen Unternehmern, da die Gewinnmaximierung gerade nicht das ausschlaggebende Ziel freiberuflichen Tätigkeit sei.
Landtagspräsident Christian Carius (CDU) hob die Bedeutung des auch durch den LFB Thüringen gepflegten Dialoges mit der Politik hervor. Im Ergebnis hätten beide etwas davon – sowohl die Freien Berufe als auch die Politiker, die ohne die Impulse aus der Berufspraxis keine gute Politik machen könnten. Aus der Vielfalt der Tätigkeitsfelder der Freien Berufe ergäbe sich der besondere Reiz dieser Gegenseitigkeit.
Prominenter Hauptredner der Konferenz war Dipl.-Ing. Hans-Ullrich Kammeyer, Präsident der Bundesingenieurkammer und Präsidiumsmitglied des BFB. “Hätte ich Gewinnmaximierung gewollt, so wäre ich nicht Ingenieur geworden, sondern hätte Betriebswirtschaft studiert”, war einer der Kernsätze seiner mitreißenden Rede, die Kreativität, Verantwortungsbewusstsein über die Interessen des jeweiligen Auftraggebers hinaus, aber auch die dafür erforderliche wirtschaftliche Unabhängigkeit ins Zentrum ihrer Ausführungen stellte. Ganz entschieden sei Tendenzen entgegen zu treten, den Wettbewerb der besten Leistungen durch den Wettbewerb über den Preis zu ersetzen. Dies würde mittelfristig zum Verlust der Alleinstellungsmerkmale der Freiberuflichkeit, zum Preisanstieg und zu Qualitätseinbußen zugleich führen und könne somit nicht im Interesse des Verbraucherschutzes liegen.
Der Abgeordnete des Europäischen Parlaments Jakob von Weizsäcker (SPD) stellte seine Sicht über den Brexit und die europäischen Entwicklungen in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Es bringe nichts, wenn “in dem gemeinsamen Fahrzeug Europa jeder das ihm gehörende Gaspedal bis zum Anschlag durchtrete”. Wesentlich für den Zusammenhalt in Europa und die Zukunft der europäischen Union sei seiner Ansicht nach vor allem die Wiederbelebung der deutsch-französischen Freundschaft. Dabei gehe es allerdings keineswegs etwa um die Schaffung einer Kernunion oder die Ausgrenzung von Staaten, die die europäischen Ideale noch nicht in wünschenswerter Weise verinnerlicht hätten. Die Harmonisierung der Interessen aller EU-Mitglieder – dies gelte auch für das Verhältnis von Niederlassungsfreiheit und Freiberuflichkeit – könne nur das Ergebnis eines permanenten Prozesses sein, der viel Geduld, Beharrlichkeit und Verständnis füreinander erfordere.
Mit ganz persönlichen Erfahrungen seines bisherigen Berufslebens rundete Dr. Karl-Friedrich Rommel, Vorsitzender der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Thüringens, den Strauß der anspruchsvollen Beiträge ab. Auch er betonte, wie wichtig ihm und den anderen Zahnärzten in Thüringen gerade vor dem Hintergrund der Erfahrungen in der untergegangenen DDR die Verbindung freiheitlicher Berufsausübung, wirtschaftlicher Selbständigkeit und dem Einsatz für die Aufrechterhaltung des beruflichen Ethos sei.
Letztlich waren sich alle Redner auch in der abschließenden Podiumsdiskussion darüber einig, dass es im Interesse des Verbraucherschutzes, also der gesamten Gesellschaft, darum geht, die Qualitätsstandards und die Ideale des Freien Berufes zu wahren und nicht dem Wettbewerb über den Preis zu opfern. Vielmehr gehe es darum, das Modell der Freien Berufe in Deutschland zum Exportschlager zu machen.
Gute Jazzmusik und das hervorragende Bufett der Kantine der Kassenärztlichen Vereinigung trugen dazu bei, dass sich wohl alle Teilnehmer und Gäste der Veranstaltung mit dem Gefühl verabschiedeten, einen gewinnbringenden Nachmittag verbracht zu haben.
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