Tag der Apotheke im Vorfeld des bundesweiten Protesttages
Der diesjährige Tag der Apotheke steht ganz im Zeichen des Apotheken-Protesttages am 14. Juni. An diesem Tag sollen bundesweit Apotheken geschlossen und die Arzneimittelversorgung auf ein Mindestmaß zurückgefahren werden, um die Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft auf die existenzbedrohende Situation vieler klein- und mittelständisch geführter Apotheken aufmerksam zu machen. Welche Probleme die selbstständigen Apothekerinnen und Apotheker in Thüringen bewegen und zum Protest veranlassen, hat die Landesapothekerkammer Thüringen (LAKT) mit einer Umfrage unter ihren Mitgliedern herausfinden wollen.
Die Sorgen eines selbstständigen Apothekers bzw. einer selbstständigen Apothekerin in Thüringen sind vielfältig. Es spricht für den Berufsstand, dass die Lieferengpässe vieler lebenswichtiger Arzneimittel dabei an erster Stelle stehen, denn hier geht es ganz klar um die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung ihrer Patientinnen und Patienten. „Fehlende Arzneimittel sind eine große Belastung für die Thüringerinnen und Thüringer. Auch die Pharmazeutinnen und Pharmazeuten in den Apotheken haben
schwer damit zu kämpfen, denn neben dem ganzen organisatorischen Aufwand und leider auch den bürokratischen Hürden besteht immer auch die Sorge, keine passende Lösung zu finden.“, sagt Apotheker Danny Neidel, Geschäftsführer der LAKT.
Nicht nur bei den Lieferengpässen ist die Bürokratie ein Ärgernis
„Dokumentationsverpflichtungen, Genehmigungsvorbehalte, Änderungsbestätigungen oder Präqualizierungen sind nur einige Stichworte, die den Arbeitsalltag in den Thüringer Apotheken inzwischen bestimmen, ohne dass damit auch nur einer Patientin oder einem Patienten wirklich geholfen wäre.“, spiegelt Neidel die Sorgen der Apothekerinnen und Apotheker. „Für 85 Prozent der Befragten ist die Bürokratie eine ernste Belastung. Nicht nur, dass die dabei investierte Zeit in der Arzneimittelversorgung fehlt, die Honorierung dieser Arbeiten wird nahezu von allen Kolleginnen und Kollegen als völlig unzureichend angesehen.“
Die finanzielle Basis auch gesunder Betriebe gerät ins Wanken
Insgesamt sehen die selbstständigen Apothekenleiter ihre finanzielle Situation mit großer Sorge. „Die letzte Anpassung des Grundhonorars für die Arzneimittelabgabe gab es vor mehr als zehn Jahren. Die danach eingeführten neuen Elemente der Honorierung waren immer an zusätzliche Aufgaben geknüpft, mit anderen Worten, die steigenden Kosten eines Apothekenbetriebes in Sachen Energieversorgung, Tarifrunden oder sationsbedingt muss die Apotheke noch immer mit dem gleichen Sockelbetrag wie 2013 decken.“, beschreibt Ronald Schreiber seine Situation als Apothekenleiter. „Im Gegensatz zu vielen anderen Akteuren im Gesundheitswesen haben Apotheken keinen Inflationsausgleich oder Energiezuschüsse erhalten.
Anders als andere Betriebe können Apotheken die gestiegenen Kosten auch nicht »einpreisen«, da Arzneimittelpreise in der Abrechnung gegenüber den Krankenkassen festgeschrieben sind.“ Im Gegenteil, die Bundespolitik hat die Apotheken bis Ende 2024 verpflichtet, den Krankenkassen einen Sonderrabatt für jedes Arzneimittel zu gewähren, ein Abschlag, der viele Betriebe ins Mark trifft.
Vertrauen in politische Wertschätzung ist geplatzt – es reicht jetzt
„Wertschätzung stelle ich mir anders vor, politische Dankesreden zu den Leistungen der Apotheken während der Pandemie sind wohlfeil, doch davon kann ich meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht bezahlen.“ resümiert der sichtlich verärgerte Schreiber, der gleichzeitig auch Präsident der Landesapothekerkammer Thüringen ist. „In der Not erkennt man wahre Freunde«, sagt der Volksmund. Die Apotheken waren in der Pandemie da und haben schnell und zuverlässig unter schwierigsten Bedingungen die Menschen versorgt und ihnen beigestanden.“ Deshalb fordert der Kammerpräsident die Politik jetzt sehr eindringlich auf, endlich die Basis der Apotheken nanziell, aber auch durch Investitionen in die Ausbildung personell zu stärken. „Wenn die Politik hier versagt, werden in der nächsten Notsituation, deutlich weniger Apotheken da sein, die noch helfen können. Unser Kümmern in Sachen Arzneimittel-Lieferengpässe zeigt für immer mehr Menschen spürbar, was auf dem
Spiel steht.“
Nahezu jede Apotheke sucht Personal
Wie ernst die Lage auch personell ist, zeigen die Umfrageergebnisse in Bezug auf die Zukunft des eigenen Betriebes. Von den teilnehmenden 150 Selbstständigen sucht ein Drittel jetzt oder in den nächsten fünf Jahren einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin, bei der Hälfte ist es in den nächsten zehn Jahren soweit. „Das ist eine wirkliche Herausforderung, denn schon jetzt suchen zwei Drittel der Befragten eine Apothekerin oder einen Apotheker für den laufenden Betrieb“, nennt Geschäftsführer Neidel Zahlen aus der Umfrage. „Und auch bei den pharmazeutischen Assistenzberufen ist die Not groß, jede dritte befragte Person sucht auch in diesem Bereich.«
Am 14. Juni protestieren auch die Thüringer Apotheken
Auch die „Neue Marien-Apotheke“ des Präsidenten wird am kommenden Mittwoch in Erfurt nur im Notbetrieb arbeiten. Die Menschen werden mit den notwendigen Arzneimitteln versorgt, werden sich aber auf längere Wartezeiten einstellen müssen.„Wir werden in guter Besetzung da sein und Patientinnen und Patienten über die Hintergründe unseres Protestes informieren. Denn natürlich trifft unser Protest auch sie, aber sie werden verstehen, dass uns nun keine andere Wahl mehr bleibt«, erklärt
Apotheker Schreiber.
Die Presseerklärung vom 06.06.2023 als Datei finden Sie hier: LAKT – Kammeraktuell – Tag der Apotheke im Vorfeld des bundesweiten Protesttages‑1