Freie Berufe im Fokus der Beschäftigungspolitik – Frank-Jürgen Weise auf dem Neujahrsempfang des BFB 2016
Am 13.01.2016 hatte der Bundesverband der freien Berufe zu seinem Neujahrsempfang in den Räumen der Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin eingeladen. Der mit der Geschäftsführung des LFB beauftragte RA Dr. Werner, Weimar, gibt seine Eindrücke dieses Abends wie folgt wieder:
Der Präsident des BFB, Dr. Horst Vinken, wies im Zusammenhang mit seinen Neujahrsglückwünschen an die zahlreichen Teilnehmer darauf hin, dass 2015 kein einfaches Jahr gewesen sei. Auch 2016 sei mit weiteren Herausforderungen zu rechnen, wie nur die jüngsten Ereignisse in Istanbul zeigen würden.
Der Bundesverband der Freien Berufe sei in guter Verfassung. Er repräsentiere über ca. 1.300.000 Selbständige und mehr als 4 Millionen bei ihnen angestellte Erwerbstätige. Die freien Berufe erwirtschafteten mehr als 10 % des Bruttosozialproduktes, 20 % der von ihnen beschäftigten Mitarbeiter hätten einen Migrationshintergrund.
Ausführlich beschäftigte sich Vinken mit dem Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland und andere EU-Mitgliedsländer, das die europäische Kommission eingeleitet hatte. Er wies darauf hin, dass die Bedeutung dieses Verfahrens keineswegs überschätzt werden können.
Sollte die Kommission mit ihrer Auffassung durchdringen, dass die preisrechtlichen Regelungen der HOAI und der Steuerberatervergütungsordnung wettbewerbswidrig seien, stünden auch alle anderen Honorarordnungen der Freien Berufe auf dem Spiel. Der BFB werde vehement gegen die falsche Auffassung angehen, dass künftig der Wettbewerb ausschließlich über den Preis statt vor allem über die Qualität der Leistung erfolgen werde. Der Preis sei nur eines verschiedener Wettbewerbskriterien, das aber auch bereits jetzt schon wirksam ist, was von der Kommission bisher ebenfalls nicht zutreffend wahrgenommen werde.
Vinken bedankte sich bei der Bundesregierung ausdrücklich dafür, dass sich diese in ihrer Stellungnahme dem Standpunkt des Bundesverbandes der Freien Berufe angeschlossen habe.
Er wies abschließend darauf hin, dass die freien Berufe wie bisher schon auch künftig verlässliche Ausbilder seien. Damit leitete er zum Gastvortrag des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit und Leiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, Dr. Frank-Jürgen Weise, über.
Dieser bestätigte zunächst die Angaben zu den wirtschaftlichen Rahmendaten der freien Berufe und bedankte sich ausdrücklich für deren Einsatz. Die gegenwärtig robuste Konjunktur sei nicht möglich gewesen ohne den Fleiß und Einfallsreichtum der Selbständigen in der Bundesrepublik, darunter der Freien Berufe.
Weise erklärte zunächst, dass die Arbeitsmarktdaten erfreulicher Weise gegenwärtig äußerst robust seien. Die Konjunktur sei in guter Verfassung, die Haushaltslage ausgeglichen.
Die Reformen, die die Bundesregierung 2010 eingeleitet habe, würden sich jetzt als richtig erweisen und auszahlen. Wenn diese zunächst als große Härte empfunden worden seien, hänge dies damit zusammen, dass die jetzt stattfindenden konsequenten und differenzierten Maßnahmen, die die Bundesanstalt für Arbeit jetzt anwenden könne, vorher aufgrund der Gesetzeslage nicht möglich gewesen sein.
Nunmehr finde echte Arbeitsförderung auch deshalb statt, weil der Begriff der Sozialhilfeempfänger praktisch abgeschafft worden sei. Deutschland habe im europäischen Maßstab eine der härtesten Definitionen von Arbeitslosigkeit.
Auch wenn sich die Arbeitslosigkeit im nationalen Durchschnitt auf historisch niedrigem Niveau bewege, sei nicht zu übersehen, dass es erhebliche regionale Unterschiede gibt. Weise nannte Beispiele zwischen 0,9 und 15 %.
Als besonders erfreulich stellte Weise heraus, dass die Jugendarbeitslosigkeit überdurchschnittlich gesunken sei. Faktisch sei festzustellen, dass so gut wie alle Jugendlichen spätestens sechs Monate nach Ende der Ausbildung in Beschäftigung sein. Die Jugend von heute zeichne sich durch eine pragmatische Haltung und hohe Flexibilität aus.
Nach wie vor bestehe allerdings das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit, das drei Hauptursachen habe: fehlende Ausbildung, nachhaltige gesundheitliche Beeinträchtigungen, Lebensalter über 50 Jahre.
2016 verspreche, ein wirtschaftlich und beschäftigungsmäßig gutes Jahr zu werden. Weise forderte, dass die Politik die guten Rahmenbedingungen für die hohe Beschäftigung weiter sichern müsse.
Zur Flüchtlingsproblematik stellte Weise fest, dass etwa 20 % der Flüchtlinge gute Integrationschancen hätten. Gerade die Alphabetisierung der Menschen aus Syrien und Irak, den Ländern, aus denen die meisten Flüchtlinge kämen, liege über 90 %.
Etwa 50 – 60 % der Flüchtlinge benötigten erweiterte flankierende Maßnahmen, um in überschaubarer Zeit integriert zu werden. Sprachausbildung und die Integration in den Arbeitsmarkt müssten einheitlich und nicht nacheinander gewährleistet werden. Dies sei ein Prozess, der mehrere Jahre benötige.
Spätestens im Februar dieses Jahres würden die Identitäten der Flüchtlinge bundeseinheitlich in einem Zentralregister erfasst. Diese Maßnahme komme zwar ein Jahr zu spät, immerhin werde sie aber jetzt schnell umgesetzt. Bisher gebe es bis zu vier verschiedene Erfassungen, wobei die Daten zwischen dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, der Bundespolizei, den Landratsämtern und anderen Erfassungsbehören bislang aufgrund der Gesetzeslage nicht abgeglichen werden konnten. Wäre dies schon früher möglich gewesen, wäre auch bemerkt worden, dass einer der Pariser Attentäter vier verschiedene Identitäten in Deutschland hatte.
Eine besondere Herausforderung seien die hohe Zahl bislang unbearbeiteten Asylanträge. Es sei damit zu rechnen, dass diese Zahl im Jahr 2016 nochmals auf über 1.000.000 wachsen gebe. Bevor dieser Stau abgearbeitet werden könne, müsste das neue Verfahren, für das gegenwärtig Feldversuche laufen, bundesweit angewandt werden.
Insgesamt zeigte sich Weise optimistisch, dass die Herausforderungen bewältigt werden könnten. Er verwies auch darauf, dass „Arbeit Arbeit erzeugt“ und die Flüchtlinge dabei helfen könnten, die mit der demographischen Entwicklung in Deutschland verbundenen Probleme abzumildern. Wenn die Integration der Flüchtlinge gut bewältigt werden könne, würde Deutschland hieraus gestärkt hervorgehen.
Abschließend dankte Weise den Freien Berufen nochmals für ihr Engagement und erklärte, er hoffe, mit seinen Ausführungen den Mut gestärkt zu haben, damit nicht nachzulassen.
Insgesamt hatte die Veranstaltung, an der auch zahlreiche Bundestagsabgeordnete teilgenommen hatten, eine gute Resonanz, wie auch die vielen anregenden Gespräche im Anschluss zeigten.